Freitag, 29. Dezember 2017

Rückblick - ein Jahr nach der Kitakündigung

#Herzensbande #Kindergarten #kitafrei #beziehungsorientiert #Eingewöhnung

Fotografie: Kaboompics / Karolina / pexels








Vor einem Jahr haben wir uns entschieden unsere Krippenplatz für das Herzmädchen zu kündigen. Das war keine einfache Entscheidung ohne Alternative, anderen Platz oder neuen Plan kurzfristig zu kündigen. Wären wir aber geblieben, hätten wir uns stark verändern, den Bedingungen und Einstellungen der Kita anpassen müssen und wären nicht mehr die Eltern gewesen, die wir für unser Kind sein wollten.

An einem Freitag vor einem Jahr wurden diese zwei Möglichkeiten (Anpassen oder Gehen) sehr deutlich und die Stimmung, die Erziehungseinstellung dort, der Umgang mit uns immer unerträglicher. Wir entschieden uns und das ziemlich schnell: so wollten wir nicht leben und in so einem Umfeld wollten wir auch nicht unsere knapp 2,5 Jahre alte Tochter jeden Tag mehrere Stunden lassen.

In einem Blogartikel habe ich den Prozess und unsere Entscheidung damals niedergeschrieben und das tat ziemlich gut. Denn natürlich haben wir nicht überall Verständnis und Unterstützung für unsere Entscheidung geerntet. Häufige Argumente wie, dass Kinder sich einordnen lernen müssen, um in der Schule und dem späteren Leben zu bestehen, dass Kindergruppen anders funktionieren, dass unsere Tochter es wahrscheinlich eh zu gut hat, dass wir unrealistische Erwartungen haben usw. wurden uns direkt oder indirekt mitgeteilt. Irgendwann wollte ich schon gar nicht mehr drüber sprechen und mich auch nicht ständig rechtfertigen müssen. Ich wusste, dass unsere Entscheidung richtig war, aber leider auch sehr schwierig in wenigen Worten nachvollziehbar zu beschreiben. Denn respekt- und liebloser Umgang mit Kindern und auch gegenüber den Eltern passiert hauptsächlich auf non-verbaler Ebene und hinterlässt einen schalen Nachgeschmack, das etwas nicht stimmt. Ich versuchte mich dann auf diejenigen zu konzentrieren, die uns absolut unterstützten - das tat gut J

Zum Glück konnten wir die Kündigung recht schnell über die Bühne bringen und dann kamen Weihnachten, die Feiertage und wir konnten alle drei das Erlebte setzen lassen und durchatmen.

Natürlich war es eine organisatorische Herausforderung. Plötzlich war das Herzmädchen wieder den ganzen Tag bei uns und meine Arbeit am Blog, meine Selbstständigkeit, die Fortbildung, meine neu begonnene Arbeit in der Reha wollte ich gern weiterlaufen lassen bzw. musste auch weiterlaufen. Wir mussten uns neu organisieren und in alles hereinteilen, wobei ich den Löwenanteil der Zeit das Herzmädchen und die Arbeit im Doppelpack erledigte - außer in der Reha, der Fortbildung oder zu Beratungen nahm ich sie überall hin mit. Zum Glück hatte ich Hilfe von meiner Schwiegermutter, meinem Vati, später einer wunderbar liebevollen Babysitterin (alle kamen einmal die Woche für 2-3 Stunden) und wir gingen wieder regelmäßig in den Rockzipfel Dresden.

Warum haben wir keine neue Kita gesucht? Warum habe ich sie nicht an manchen Tagen komplett bei Oma gelassen? Tja, die negativen Erfahrungen in der Kita waren nicht nur temporär, sondern zogen auch einige Nachwehen nach sich. Das Herzmädchen ließ sich an niemanden mehr abgeben, das Vertrauen war verspielt. Sie blieb nur bei Papa oder mir und ging nicht mal mit Oma oder Opa auf den Spielplatz in den Hof – ich musste immer mit. Dafür besorgte ich mir sogar einen neuen Laptop mit Akku, damit ich wirklich überall arbeiten konnte (auf dem Spielplatz, überall im Rockzipfel, in Kindercafés…). Ein halbes Jahr wich sie uns nicht von der Seite und auch andere „kleinere“ Alltagsdinge gingen nicht mehr.

Das beste Beispiel dafür war Händewaschen. Sie hatte es immer geliebt am Waschbecken zu stehen und zu planschen. Jetzt ging absolut kein Weg rein, dass sie sich die Hände wusch (anscheinend war sie mehrfach dazu gezwungen wurden). Natürlich wollten auch wir gerne, dass sie sich die Hände wäscht, wollten aber auch nicht selbst Zwang anwenden. Wir begannen mit Waschlappen, Küchentüchern, Desinfektionsspray etc. kreativzu werden und schafften es das einige Monate auszuhalten. Wie oft ich in dieser Zeit immer wieder von Zweifeln geplagt wurde! Ich dachte, dass muss doch einfach klappen, sie muss doch auch mal ohne uns auskommen können, sich die Hände waschen... Zum Glück bin ich ein sehr geduldiger Mensch und ich konnte unser Vertrauen in sie hoch halten.

Und siehe da: es bewährte sich! Im Sommer ließ sie ihre Erfahrungen Geschichte immer mehr hinter sich, begann wieder selbstständiger zu werden und wusch sich auch wieder die Hände. Ich war SEHR froh, dass wir es geschafft hatten zu vertrauen und allem Zeit zu geben!!

Innerhalb weniger Wochen ging sie problemlos mit Oma, Opa, Babysitterin auf den Spielplatz, hatte Spaß und kehrte fröhlich wieder heim. Auch ihr Vertrauen war wieder komplett zurück und sie bereit für den nächsten Entwicklungsschritt.

Lange wussten wir nicht, ob wir komplett kitafrei bleiben werden oder wollen und waren im Vertrauen in Fremdbetreuung total erschüttert. Besonders auch mein Mann konnte sich nicht recht vorstellen, dass wir etwas finden, das wirklich gut ist und wo wir unser Mädchen mit guten Gewissen abgeben wollen. Ich machte erstmal keine Pläne, konnte mir aber kitafrei bis zur Schule nicht so recht vorstellen. Ich habe aber auch selbst viele schöne Erinnerungen an den Kindergarten und an die Freundschaften da (obwohl ich auch erst eine schlechte Erfahrung gemacht habe und meine Eltern nach der Wende dann flugs für mich die Kita wechselten J ). Außerdem konnte ich mir mit einem weiterem Kind (und jetzt mit Zwillingen im Anmarsch bin ich darüber doppelt froh) ein kitafreies Leben nicht vorstellen, dass fühlte sich für mich überlastend an, besonders da ich gerne arbeite und das auch weiter machen wollte.

Zu dieser Zeit wiederholte eine enge Freundin ihre bis dahin schon mehrfach ausgesprochene Empfehlung für den Kindergarten ihrer Tochter. Da sie und ihr Mann „erziehungsmäßig“ so wie wir eingestellt sind, traute ich mich dann Anfang des Sommers dort Kontakt aufzunehmen. Ich fuhr an einem sonnigen Nachmittag mit dem Herzmädchen hin und wir verbrachten einen entspannten Nachmittag (vor allem draußen) dort im Kindergarten. Sie spielte und ich unterhielt mich mit der Leiterin. Schon die Tatsache, dass wir so lange einfach da sein durften, war mir sehr sympatisch. In der anderen Kita wurden die Eltern irgendwie möglichst schnell vor den Zaun befördert. Außerdem stellte ich viele Fragen aufgrund unserer bisheriger Erfahrungen und die Leiterin schaute mich immer an als würde ich von einem anderen Planeten kommen und frug, was ich denn für skurrile Fragen stellen würde (z.B. ob es in Ordnung ist, wenn ich mein Kind mittags abhole – natürlich!). Ich erklärte ihr unsere Vorgeschichte nochmal genauer und sie meinte nur; „Jetzt verstehe ich, was sie meinen.“

Ich war so froh und fühlte mich verstanden. Nebenbei hatte ich auch viel Möglichkeiten die anderen Erzieherinnen mit den Kindern zu beobachten. Wollte ein Kind beispielsweise keine Jacke anziehen, weil ihm seiner Aussage nach warm war, wurde das akzeptiert – wie toll! Die Leiterin war auch die erste Erzieherin, welche in dem eigenen Willen und der Stärke unserer Tochter was tolles sah und sagte, dass sie sehr gut in den Kindergarten passen würde. Ich hätte sie knutschen können!

Denn das war mein größter Kritikpunkt an der alten Kita: die Kinder waren nicht ok so, wie sie waren. Unser Mädchen war zu eigenwillig, hörte nicht, brauchte Erklärungen und tantze angeblich als einzige aus der Reihe. Ja, wir haben sie nicht „gleichgeschaltet“, aber wir und auch andere hatten im respektvollen Umgang mit ihr kaum Probleme mit ihr zu kooperieren – außerdem sie war damals 2 bis 2,5 Jahre!

Die Entscheidung es dort neu zu probieren fiel schnell und wir meldeten sie, für den Fall, dass irgendwie ein Platz frei werden würde, an. Und unser unsägliches Glück war es, dass das bereits nach einem Monat der Fall war! Ein Familie zog ins Ausland und wir konnten den Platz bekommen J

Ende August begann die Eingewöhnung, die diesmal Papa machte (ich wollte gern, dass nichts an die alte Eingewöhnung erinnerte und schwanger mit Hyperemesis war ich auch froh über ein bisschen Auszeit). Die Tatsache, dass die Tochter unserer Freunde dort war und unser Mädchen wieder bereit war loszulassen harmonierten perfekt und sie hatte eine geniale Eingewöhnung. Ganz schnell ließ sie Papa irgendwo sitzen, nahm den ganzen Kindergarten (offenes Konzept) im Spiel ein und baute dabei eine wunderbare Bindung zu ihrer Bezugserzieherin auf. Es gab eine Woche als die Trennung auch vom Papa bewusst ausging, wo es etwas schwieriger wurde und ein Morgen waren wir etwas besorgt, ob es klappt. Aber es klappte, nach 5 Minuten spielte sie und fühlte sich auch ohne Papa wohl.

Nun haben wir Dezember und seit Ende November schläft unser Herzmädchen auch mittags mit im Kindergarten. Bieten wir ihr zur Zeit an sie mittags abzuholen, sagt sie nein und will total gern mitschlafen und vespern. Sie freut sich morgens, geht gern hin, hat noch andere Freunde gefunden und liebt ihre beiden Gruppenerzieherinnen (die wirklich ein Schatz sind) total.

Dass es so bilderbuchmäßig laufen würde, hätte ich nicht gedacht, aber ich freue mich wirklich JEDEN Tag, dass sie sich so wohl, so angenommen und so sicher dort im Kindergarten fühlt. Mein Mann und ich sind glücklich über den Verlauf und auch dass wir den Mut hatten diese untypische Entscheidung ohne neuen Kitaplatz zu treffen. Vor einem Jahr war so viel Unsicherheit darüber da, wie es weiter gehen würde und nun können wir darauf zurückblicken und dankbar sein, dass sich alles so wunderbar gefügt hat.

Wie sind eure Erfahrungen mit Eingewöhnung und Kita? Musstet ihr vielleicht auch schon mal eure „Erziehungsflagge“ hochhalten oder gar die Einrichtung wechseln?


Eure Anne



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