Dienstag, 15. Mai 2018

Schwangerschaftsyoga – Interview mit Anja Wiedemann, Yogalehrerin BDY



Fotografie: freestocks/ pexels


In meiner Schwangerschaft habe ich begeistert und ganz fleißig jede Woche Schwangerschaftsyoga gemacht und gemerkt, welchen Unterschied es machte, wenn ich zum Yoga ging. Diese Erfahrung möchte ich gern mit euch teilen und so kam ich auf die Idee mit Anja, meiner Yoga-Lehrerin, ein Interview zu führen.


Liebe Anja,

ich freue mich wahnsinnig, dass du ohne zu Zögern gleich „Ja“ zu meiner Interviewidee gesagt hast. Zwischen der 15. und 31. Schwangerschaftswoche ging ich wöchentlich zum Schwangerschaftsyoga bei dir und es hat mir viel mehr geholfen als ich erwartet habe – besonders zu Beginn in meiner Zeit mit starker Schwangerschaftsübelkeit (Hyperemesis gravidarum). Ich bin fasziniert und kam daher auf die Idee das Thema als Experteninterview hier im Blog mal vorzustellen :)

Als Einstieg wäre es schön, wenn du dich etwas vorstellst. Auf deiner Webseite habe ich gelesen, dass du Architektin bist – wie wird eine Architektin Yogalehrerin?

Mein Name ist Anja Wiedemann. Ich bin seit 2014 Yogalehrerin, von Anfang an mit dem Schwerpunkt Yoga für Frauen vor und nach der Geburt. Eigentlich bin ich Architektin, doch meine eigene Yogapraxis hat mich sehr neugierig gemacht und ich wollte mehr über den Weg des Yoga und die Hintergründe wissen. Während der Yogalehrerausbildung bin ich mit meinem dritten Kind schwanger geworden und so hat sich alles wie von selbst ergeben. Mittlerweile arbeite ich mit viele Freude hauptberuflich als Yogalehrerin in Dresden.

Welche Qualifikationen berechtigen dich zur Yogalehrerin? Was bedeutet Yogalehrerin BDY?

Yogalehrer/in ist in Deutschland keine geschützte Bezeichnung und kein staatlich anerkannter Beruf. Der BDY, der Berufsverband der Yogalehrenden, setzt seit vielen Jahren auf eine solide Ausbildung von Yogalehrern. Ich habe meine Ausbildung zur Yogalehrerin bei Medita in Dresden absolviert, deren Ausbildungsdauer und Lehrinhalte vom BDY anerkannt werden. Für meine Spezialisierung habe ich die Pre- und Postnatal Yogalehrerausbildung bei Patricia Thielemann von Spirit Yoga, Berlin absolviert.

Du hast dich auf Yoga für Schwangere und Yoga nach der Geburt spezialisiert. Warum gerade dieser Schwerpunkt?

Ich glaube, mein drittes Kind, welches während meiner Yogalehrerausbildung geboren wurde, hat mir das Thema geschenkt und ich habe gemerkt, dass ich viel Empathie für Frauen in diesen besonderen Umständen in mir trage.

Welche gesundheitlichen Vorteile siehst du im Schwangerenyoga?

Den Erfahrungen nach, die die Frauen in den Kursen mitteilen, hilft Yoga in dieser oft besonderen und auch fordernden Zeit, zu entspannen. Die sanft ausgeführten Asanas - Yogahaltungen synchronisieren Atem und Bewegung, es entsteht ein ruhiges, bewusstes Üben und ganz wichtig und für die Frauen spürbar - der Körper bleibt in Bewegung, die Muskeln werden gekräftigt. Haltung und Aufrichtung und die eigene Körperwahrnehmung können sich verbessern.

Mir hat das Yoga, wie schon oben geschrieben, sehr gegen meine Übelkeit geholfen – zumindest so weit, dass es mir an dem Tag besser ging… Woran liegt das?

Yoga kann gegen Übelkeit helfen. Eine mögliche Erklärung ist meiner Meinung nach, dass die Entspannungs- und Atemübungen das vegetative Nervensystem beruhigen und zudem die sanften Bewegungen manchmal Spannungen lösen können, so dass auch das Verdauungssystem davon profitiert, welches in der Zeit der Schwangerschaft sehr gefordert wird durch die Schwangerschaftshormone und einfach auch durch Platzmangel.

Im Yogakurs tönten wir jede Woche das A, O, U und M in Vorbereitung auf die Geburt. Inwiefern kann das Tönen unter der Geburt helfen? Wie finde ich den „richtigen Ton“ für mich?

Das Tönen im Prenatal Yoga ist für mich immer wieder ein schöner Teil der Yogastunde. Bei der Geburt entstehen oft Töne "ganz aus dem Bauch heraus". Im Yoga, ganz unter Frauen, kann das schon ausprobiert werden. So verliert sich im besten Fall die Hemmung vor dem Tönen, das Baby wird schon mit Mamas Tönen bekannt gemacht. 
Im geburtsbegleitenden Tönen liegen einige Vorteile: Das Tönen verlängert den Ausatem, dieser steht dann länger wehenbegleitend zur Verfügung. Das Tönen "tonisiert" und entspannt über sanftes Schwingen und Vibrieren den Körper, so dass die Frau während der Kontraktion der Gebärmutter um diese große Muskelanspannung herum loslassen kann, so kann die Gebärmutter ungehindert ihren Anteil leisten, das Kind auf den Weg zu bringen. Zudem können Töne beruhigen und entspannen, das nutzen wir auch, wenn die Kinder dann geboren sind und wir ihnen ein Schlaflied summen.
Es gibt nicht den einen "richtigen" Ton. Intuitiv bahnt sich der Ton seine Bahn, der gerade eben genau richtig ist. Oft spüren wir Frauen während der Schwangerschaft, dass wir in einer guten Verbindung mit unserer inneren Stimme - unserer Intuition sind, das kann wunderbar für die Geburt genutzt werden.

Wann ist der perfekte Zeitpunkt, um mit dem Yoga in der Schwangerschaft zu beginnen?

Prenatal Yoga kann, nach dem anfänglichen Nestbau ab der 12. Schwangerschaftswoche (SSW) geübt werden. Viele Frauen beginnen um die 20. SSW herum.

Gibt es irgendwelche Voraussetzungen, damit eine Schwangere Yoga machen „darf“? Gibt es Kontraindikationen, also körperliche Voraussetzungen, die das verbieten würden?

Jede gesunde Schwangere darf Yoga machen. Bei Beschwerden, die über das normale Maß hinausgehen, sollte ein fachlicher Rat eingeholt werden. Wichtig ist es, die Yogalehrerin über Einschränkungen und Beschwerden zu unterrichten. Einige Krankheitsbilder lassen keine Yogapraxis zu, andere wie z. B. Schwangerschaftsdiabetes, können durch Yoga gut begleitet werden.

Darf man Yoga bis zum Geburtstermin praktizieren oder ist das ab einem gewissen Punkt wehenauslösend? Oder kann es gar mögliche Komplikationen (wie Beckenendlage) beheben?

Prenatal Yoga kann, wenn es der Schwangeren gut geht, bis zur Geburt geübt werden. Viele schwangerschaftsbedingte Beschwerden können dadurch gelindert werden. Bei starken und krankhaften Beschwerden sollte vor der Yogapraxis die Hebamme oder die Ärztin/der Arzt konsultiert werden.
Ob Yoga eine Beckenendlage beeinflussen kann, ist nicht nachweisbar. Es gibt Haltungen im Vierfüßlerstand und in der "Indischen Brücke" - der Schulterbrücke, die geübt werden können, um das Kind anzuregen, sich zu bewegen. Alle Atemübungen und mentale Übungen helfen hier, sich in Ruhe auf dieses Thema einzulassen und einen eigenen Umgang damit zu finden - bleibe ich entspannt und tue nichts, oder nutze ich entspannt die Möglichkeiten für eine eventuelle Wendung wie Moxen oder Akupunktur, Osteopathie oder die äußere Wendung in der Klinik, oder die spontane Geburt in Beckenendlage.

Dürfen auch Mehrlingsmütter Yoga machen? Was könnte hier vielleicht sogar der konkrete Vorteil sein?

Immer wieder besuchen Mehrlings-, meistens Zwillingsmütter die Prenatal Yogakurse. Wenn es der werdenden Mehrlingsmama den besonderen Umständen entsprechen gut geht, kann sie wie alle anderen werdenden Mütter von den Yoga- und Atemübungen profitieren - zur Ruhe kommen und in Bewegung bleiben.

Ab wann kann man mit Baby/s deine Yogakurse wieder besuchen und warum würdest du das empfehlen?

Mit Postnatal Yoga kann ab der 9. Woche nach der Geburt gestartet werden. Diese Yogakurse sind über das erste Jahr und manchmal länger, dann in Kursen ohne Babys, ein guter Wegbegleiter. Die Frauen, die die Kurse besuchen, finden Bewegung, Kräftigung und Entspannung in den Yogaübungen, lernen kleine Baby-Yogaübungen und zugleich freuen sie sich über den Austausch mit den anderen Müttern.


Ich danke dir für deine Zeit und die interessanten Antworten  :)

Hier findet ihr den Link zu Anjas Webseite.

Alles Liebe, Anne von Herzensbande.

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