Sonntag, 18. Dezember 2016

4. Herzensbande ADVENTS-Türchen

Fotografie: pexels




10 Fragen an Nora Imlau


Liebe Nora,

ich danke dir von Herzen für deine Bereitschaft meine Fragen zu beantworten und damit das letzte Türchen meines ADVENTS-Kalenders mit Leben zu füllen. Als Journalistin, Autorin für Familienthemen, Mutter von mittlerweile drei Kindern und begeisterte Vertreterin von bedürfnisorientierter „Erziehung“ freue ich mich sehr auf deine Antworten.

Wir haben inzwischen den 4. Advent und somit sind wir mitten im Hoch der Weihnachtsvorbereitungen. Was ist für dich das Schönste an der Weihnachtszeit?

Die so genannten Adventsstündchen, eine Familientradition, die ich von meiner Mutter übernommen habe und diese von ihrer Mutter. Jeden Nachmittag im Advent setze ich mich mit allen drei Kindern um unseren Tisch, wir zünden den Adventskranz an, singen ein paar Weihnachtslieder, knuspern Plätzchen und trinken Tee oder Kinderpunsch. Je nach Tagesprogramm dauert dieses gemeinsame Innehalten mal nur wenige Minuten, mal tatsächlich eine ganze Stunde – aber es ist immer schön und wertvoll für mich und unsere Kinder.

Und was ist das Schönste für deine Kinder?

Meine Kinder lieben am meisten ihren Adventskalender. Den packt bei uns jedes Jahr die Omi, und er rankt sich in Form von 72 kleinen liebevoll gefüllten Säckchen unser ganzes Treppengeländer hoch. Ich bin total dankbar, dass meine Schwiegermutter sich darum stets so liebevoll kümmert – so kommen meine Kinder in den Genuss eines Kalenders wie im Bilderbuch, und ich habe damit keinen Stress.

Nach den Feiertagen steht bald das nächste fest an: Silvester. Wie feierst du am liebsten – im kleinen oder großen Kreis?

Das kommt immer auf unsere Familiensituation an: Als unsere Töchter klein waren haben wir oft einfach mit einer befreundeten Familie gemeinsam ganz ruhig und eben kleinkindkompatibel gefeiert, mit einem „Baby-Feuerwerk“ mit Knallerbsen und Wunderkerzen schon gegen 18 Uhr. In den vergangenen Jahren haben mein Mann und ich es aber auch genossen, unsere mittlerweile größeren Kinder den Silvesterabend mit ihren Großeltern verbringen zu lassen und selbst mal wieder auf eine richtige Party zu gehen und mit alten Freunden bis tief in die Nacht zu feiern.
In diesem Jahr werden wir aber wieder im kleinen Kreis feiern, bei uns zuhause und mit unseren Nachbarn und deren Kindern – schließlich ist unser jüngstes Baby erst ein halbes Jahr alt ... 

Hast du schon neue Vorhaben, die auf dich im neuen Jahr warten und wenn ja, welche?

Nachdem ich nach der Geburt meines Sohnes zunächst mit dem Schreiben ganz pausiert habe, werde ich im neuen Jahr nach und nach wieder mit dem journalistischen Arbeiten anfangen. Themenideen habe ich viele – nur die Zeit, sie alle umzusetzen, ist gerade Mangelware. Dabei erlebe ich eine gewisse innere Zerrissenheit, die vermutlich viele Mütter kennen: einerseits würde ich gerne mehr Zeit zum Arbeiten haben, andererseits will ich nicht auf die kostbare Zeit mit meinen Kindern verzichten. Also versuche ich irgendwie, beides unter einen Hut zu kriegen, und schreibe vor allem, wenn meine Kinder unterwegs sind und das Baby schläft ...

Über welches Thema/Themenkomplex würdest du gern mal schreiben?

Oh, mir brennen noch so viele Themen auf der Seele. Aktuell steht bei mir etwa das Thema Geschwisterbeziehungen ganz hoch im Kurs, wie Eltern diese so unterstützen und begleiten können, dass die Bedürfnissen und Grenzen aller Kinder gewahrt bleiben. Aber auch das Thema selbstbestimmte Schwangerschaft und Geburt ist für mich gerade wieder sehr präsent. Und irgendwann möchte ich unbedingt noch ein Buch zu dem Thema schreiben, wie sich Feminismus und bedürfnisorientierte Elternschaft unter einen Hut bringen lassen – das ist so eine Art Lebensthema für mich.

Wenn du auf 2016 zurückblickst ist die Geburt eures dritten Kindes Jakob sicherlich eins der größten Ereignisse neben deinen drei Buchveröffentlichungen (Schlaf gut, Baby!, Das Geburtsbuch, Mein kompetentes Baby). Was hat sich verändert seid ihr nun drei Kinder habt?

Die tollste Veränderung waren erstmal die vier Monate gemeinsamer Elternzeit, die mein Mann und ich unmittelbar nach Jakobs Geburt genommen haben. So viel Zeit alle zusammen hatten wir noch nie! Ein ganzer Sommer nur für uns fünf – das war wirklich ein Traum. Der Übergang in einen ganz normalen Familienalltag, in dem auch Schule und Arbeit wieder ihren Platz haben, war dementsprechend für uns alle gar nicht so leicht. Die größte Veränderung, die ich heute spüre, ist das große Altersspektrum meiner Kinder, dem ich als Mutter nun gerecht werden muss: da ist meine älteste Tochter, die schon fast an der Schwelle zur Pubertät steht, meine Mittlere, die mitten in der Zahnlückenpubertät steckt und manchmal ganz schön mit sich und der Welt zu kämpfen hat, und dann mein Baby, das sich gerade erst einfindet auf der Welt und dabei ganz viel Nähe und Geborgenheit braucht. All diese unterschiedlichen Entwicklungsstufen gleichzeitig im Blick zu behalten und dabei jedes Kind in seinen individuellen Bedürfnissen zu sehen und zu begleiten – das ist für mich momentan die größte Herausforderung, aber auch die größte Freude.

Hat sich die Art des bedürfnisorientierten Umgangs in eurer Familie dadurch verändert/ verändern müssen?

An unserem Familien-Grundsatz, dass wir eine gesunde Balance der Bedürfnisse anstreben, hat sich durch die Geburt unseres Babys nichts geändert. Auch als Eltern von drei Kindern bemühen mein Mann und ich uns jeden Tag darum, die Bedürfnisse aller im Blick zu behalten und nach Wegen zu suchen, sie unter einen Hut zu bekommen. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass wir momentan fast jeden Abend beide fast zwei Stunden mit Waschen, Zähneputzen, Vorlesen, Singen und Kuscheln beschäftigt sind, bis alle drei Kinder schlafen – denn seit der Geburt ihres Geschwisterchens ist auch für unsere älteren Mädchen Einschlafbegleitung gerade wieder ein großes Bedürfnis, und dem versuchen wir zu entsprechen. Gleichzeitig ist es natürlich so, dass die Bedürfnisse unseres Babys manchmal auch unseren älteren Kindern gewisse Zumutungen abverlangen, die es so vorher nicht gab: ob wir am Wochenende zusammen ins Schwimmbad gehen oder Weihnachtssterne basteln können, hängt immer auch davon ab wie es dem kleinen Bruder gerade geht. Klar sorgt das auch mal für Frust, ich habe jedoch den Eindruck, dass unsere Kinder ganz gut verinnerlicht haben, dass Babys ihre Bedürfnisse weniger zurückstellen können als große Kinder oder Erwachsene. Deshalb sind sie meist sehr verständnisvoll, wenn ich ihnen erkläre, dass wir mit irgendetwas warten müssen bis der Kleine getrunken hat oder schläft: „Klar, der Jakob kann ja noch nicht warten – der ist ja noch ein Baby!“

Zwei kurze Blicke in die Vergangenheit, die dich bis heute prägen:

Was war dein erster Berührungspunkt mit Attachement Parenting?

Dem Begriff begegnete ich zum ersten Mal während meines Studiums in Vancouver, Kanada, als ich mich als kinderlose Babysitterin schlau machte, wie man kleine Kinder eigentlich so ins Bett bringt. Bei diesen Recherchen stieß ich auf zwei ganz gegensätzliche Ansätze: die meisten Erziehungsexperten schrieben, Babys müssten auf jeden Fall alleine schlafen lernen, auch wenn man sie dafür schreien lassen müsse. Doch dann gab es auch noch Autoren, die mir damals schon wie Freiheitskämpfer vorkamen, denn sie warben mit Vehemenz dafür, Babys eben NICHT schreien zu lassen, sondern ihnen auch und gerade beim Thema Schlafen ihr angeborenes Grundbedürfnis nach Nähe und Geborgenheit zu erfüllen. Das waren natürlich die „Attachment Parenting“-Vertreter, und ich fand sie gleich ganz toll – weil sie meinem Herz eine Stimme gaben. Es hatte sich immer falsch angefühlt, die Erziehungsratschläge aus den klassischen Büchern auch nur zu erwägen – nun hatte ich endlich einen Namen für mein Gefühl, dass es auch einen anderen, einen respekt- und liebevollen Umgang mit Babys und Kindern geben muss. Und deshalb fiel schon damals, bevor ich überhaupt nur schwanger war, meine Entscheidung: Wenn ich mal Kinder habe, werde ich eine „Attachment Parenting Mom“. 

Was hast du als „Wichtigstes“ von deinen Eltern bis heute mit ins Erwachsenenleben mitgenommen?

Meine Eltern sind Reformpädagogen, ich habe den tiefen Respekt vor Kindern und ihren individuellen Bedürfnissen und Begabungen also sozusagen mit der Muttermilch aufgesogen. Diese Grundhaltung hat mich stark geprägt und beeinflusst mich noch heute sowohl als Mutter als auch als Autorin. Besonders dankbar bin ich meinen Eltern außerdem dafür, dass sie mir stets das Gefühl vermittelt haben, dass ich alles sein und alles schaffen kann – ich muss es nur wirklich wollen und bereit sein, mich dafür wirklich ins Zeug zu legen. Deshalb habe ich meinen großen Traum, einmal vom Schreiben zu leben, auch nicht wie viele andere angehende Jung-Autorinnen nach den ersten Misserfolgen begraben, sondern fest daran geglaubt, dass das schon noch was wird mit mir und dem Schreiben, wenn ich mein Ziel nicht aus den Augen verliere und hart dafür arbeite.


Zum Abschluss noch eine praktische Frage: Was ist deine schlagfertigste Antwort auf „Das muss er/ sie jetzt lernen.“?

„Mit zwei musss man gar nichts!“

Beliebiges Alter einsetzen und im Brustton der Überzeugung vorbringen.

Wirkt fast immer.

  
Ich danke dir für deine Zeit und die interessanten Antworten und wünsche dir wunderschöne, besinnliche Weihnachten mit deiner Familie J

Alle Liebe, Anne von Herzenbande.


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