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Jeden Tag erleben wir als Mütter und Väter Situationen mit
unseren Kindern, die uns herausfordern, die wir so nicht nachempfinden können, die
uns unlogisch erscheinen oder die uns auch unangenehm vor anderen sind. Das
kann das typische Weinen und Hinlegen im Supermarkt sein, das
Nicht-raus-gehen-wollen, ein falscher Brotaufstrich, die falschen Socken, eine
gefühlt endlose Einschlafbegleitung und vieles mehr. Jeden Tag sind wir für
unsere Kinder da, sind Manager des Tagesablaufs, Diplomat bei Streitigkeiten,
Chefkoch für verschiedene kreative Essenswünsche, Anziehberater für ausgefeilte
Modekreationen oder Tröster in unaussprechlichen Notlagen.
Das macht uns als
Eltern aus, das macht uns flexibel, einfühlsam, ungeheuer leistungsstark – ein Multifunktionsgerät
quasi und in manchen Momenten und an manchen Tagen treibt es uns einfach an den
Rand unseres Daseins, unseres Könnens und Wollens. Denn all diese Rollen, die
wir für unsere Kinder ausfüllen, sind ja nicht unsere einzigen Aufgaben.
Haushalt, Haustiere, Familien- und Beziehungspflege und bei den meisten Eltern
natürlich auch die Arbeit oder Ausbildung nehmen unsere Aufmerksamkeit ebenso in
Anspruch.
In all diesen Situationen mit dem eigenen Kind in Beziehung
zu bleiben, es zu verstehen, seine kindliche Wahrnehmung nachzuvollziehen und
entsprechend da zu sein, dass empfinde ich als eine der größten
Herausforderungen des Elternlebens. Denn damit ist ja ganz oft verbunden, dass
meine eigenen Pläne nicht so funktionieren oder auch zeitlich nicht mehr schaffbar
sind. Damit ist verbunden, dass mich Gefühle, Themen und Situationen triggern, die
aus meiner eigenen Kindheit oder Geschichte herstammen. Das heißt ich muss
immer wieder „über mich hinauswachsen“. In dem Sinne, dass ich ganz bewusst
nicht auf mich und meine Befindlichkeiten in dem Moment reagiere, sondern mich
frage: „Warum reagiert mein KIND jetzt so?“ „Was ist gerade in SEINER Welt
passiert?“
Den Drang zu meckern, zurechtzuweisen, abzuwiegeln, herabzuspielen,
es also schlicht weg nicht ernst zu nehmen und als nervig abzustempeln, den
kenne ich. Aber das ist unser Gefühl als Elternteil, das was es mit UNS macht! Denn
meist möchten wir diesen Gefühlen jetzt nicht begegnen. Wir werden ganz automatisch
getriggert. Also mit in die Gefühle des Kindes hinein genommen, weil wir sie selbst
kennen und da möglicherweise an eine Situation oder die Reaktion unserer Eltern/
Bezugspersonen erinnert werden. Wenn man den beschriebenen Drang bewusst wahrnimmt,
ihn sich merkt, um es später für SICH zu klären, dann hat man eine gute Chance den
kindlichen Gefühlen liebevoll zu begegnen und auch eine gute Chance das Warum,
das diese Gefühle und Gedanken ausgelöst hat, für sich zu identifizieren. Das
ist sehr wichtig für den eigenen Entwicklungsprozess.
Denn Kinder halten uns
immer wieder den Spiegel vor. Man kommt quasi nicht daran vorbei, es sei denn
man bedient sich eben der oben beschriebenen Strategien, aber dann sind wir
weit weg von bedürfnis- und beziehungsorientiert. Erst recht was die ganz
eigene Bedürfnis- und Beziehungsorientierung angeht. Die eigenen Bedürfnisse,
Grenzen, Meinungen, Werte, Glaubenssätze, Baustellen, Handlungsmotive und so
weiter zu kennen, bedeutet eben auch offen für die der anderen sein zu können.
Denn wenn ich mich vor mir selbst verschließe, wie soll ich mich da einfühlsam
und authentisch für die meines Kindes öffnen?
Der Triggerpunkt, das Spiegelbild – es wird immer wieder
auftauchen. Setzen wir uns bewusst damit auseinander, können wir uns besser
kennen lernen, Themen aufarbeiten und im Endeffekt nur so bessere Eltern werden.
Denn wer seine Punkte kennt, kann diese bewusst erkennen, kurz „zur Seite
legen“ und wirklich wertfrei, empathisch und gleichwertig auf das eigene Kind
eingehen.
Denn und das ist wichtig: die Wahrnehmung und Gefühle des
Kindes sind seine Wirklichkeit! Für das Kind ist es seine Realität in seiner Welt.
Die Wirklichkeit meines Kindes und meine Wirklichkeit sind zwei völlig
verschiedene, aber ebenso richtige. Um seine Realität zu verstehen und damit
umzugehen, braucht es aber meine Hilfe - auch bei ganz kleinen Dramen wie ein
falscher Brotaufstrich. Für uns ist der Umstand nicht den gewünschten
Brotaufstrich zu haben sehr gut integrierbar. Wir haben verschiedene Strategien
um mit dieser Tatsache umzugehen: einen Neuen kaufen, unterwegs essen, etwas
anderes essen, Kaffee trinken. Unser Kind kennt diese Alternativen noch nicht
oder zumindest sind sie im Moment des Gefühlsausbruchs nicht „abrufbar“. Es
braucht einfach jemanden, der liebevoll tröstet, die Gefühle erklärt und eben
diese Alternativen aufzeigt. Folgen wir unserem oft vorhandenen Impuls diesen
Gefühlsausbruch irgendwie abzustellen, lernt unser Kind eher folgendes: ich
werde nicht ernst genommen, dann bin ich lieber still, ich muss alleine klar
kommen, meine Gedanken und Gefühle sind falsch und unbegründet, ich bin falsch.
Das sind sie nicht, sie werden nur eben besonders bei kleineren Kindern sehr
intensiv erlebt und ausgedrückt.
Diesen kommunikativen, einfühlsamen Weg einzuschlagen
braucht etwas Geduld und Mühe, aber er lohnt sich sehr! Denn nachher ist man
viel näher an der wirklichen Erlebens- und Gefühlswelt des eigenen Kindes dran
und eben nicht nur an seiner eigenen. Aus diesem Grund ist der Grundstein für beziehungs-
und bedürfnisorientierte `Familienbeziehungen` die Reflexionsbereitschaft und
das Reflexionsvermögen von uns Eltern.
Eure Anne
PS: Der Artikel zur Kita-Eingewöhnung kommt noch (der muss noch etwas reifen). Im nächsten Artikel geht es aufbauend zu diesem Thema darum, wie mir mein Glaube dabei hilft in Beziehung mit meinem Kind zu bleiben und herausfordernde Situationen zu meistern. Wenn euch mein Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like :)
Eure Anne
PS: Der Artikel zur Kita-Eingewöhnung kommt noch (der muss noch etwas reifen). Im nächsten Artikel geht es aufbauend zu diesem Thema darum, wie mir mein Glaube dabei hilft in Beziehung mit meinem Kind zu bleiben und herausfordernde Situationen zu meistern. Wenn euch mein Artikel gefallen hat, freue ich mich über ein Like :)
Der Kommentar wurde von einem Blog-Administrator entfernt.
AntwortenLöschenToller Artikel, liebe Anne! Interessant (und auch oft der schwierigste Part) ist auch die Frage nach einer passenden Strategie in den Momenten, wo es brennt. Also wie komme ich überhaupt dahin einfühlsam auf mein Kind reagieren zu können? Was mir hilft: Durchatmen. Zur Not den Raum verlassen. Und wenn es nicht so gelaufen ist wie gewünscht: im Nachhinein reflektieren.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Marie
Toller Artikel, liebe Anne! Interessant (und auch oft der schwierigste Part) ist auch die Frage nach einer passenden Strategie in den Momenten, wo es brennt. Also wie komme ich überhaupt dahin einfühlsam auf mein Kind reagieren zu können? Was mir hilft: Durchatmen. Zur Not den Raum verlassen. Und wenn es nicht so gelaufen ist wie gewünscht: im Nachhinein reflektieren.
AntwortenLöschenLiebe Grüße, Marie
Liebe Marie, danke für dein Feedback und deine Anregungen. In meinem nächsten Artikel wollte ich ja in diese Richtung darauf eingehen, aber stimmt: ich werde es noch ausweiten - guter Ansatz :)
LöschenLiebe Grüße, Anne.
Super geschrieben. Danke dafür! Lg Melanie
AntwortenLöschenLiebe Melanie, vielen Dank :)
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